Der Grafschafter Nr. 6 Juni 2011
 

Zum Stand des Plattdeutschen an Grafschafter Grundschulen

Arbeitsgruppe „Plattdeutschbefragung“ führte mit der Universität Kiel Fragebogenaktion durch

Von Bernd Robben

 

Sprache ist ohne Zweifel das höchste Kulturgut des Menschen. Und da verschwindet eine über Jahrhunderte angestammte Regionalsprache innerhalb weniger Jahrzehnte fast völlig. Sprachwissenschaftlich ist das jedoch kaum dokumentiert. Das trifft zumindest auf die Grafschaft Bentheim zu. Etwas anders sieht es da im angrenzenden Landkreis Emsland und dem südlicher gelegenen Westmünsterland aus. Dort sind Ende der 1980er Jahre umfassende Bestandsaufnahmen bei allen Kindern des vierten Schuljahres durchgeführt und ausgewertet worden. Die damaligen Ergebnisse der kombinierten Schüler- und Elternbefragung im Emsland (1989) waren ernüchternd: Nur noch drei Prozent der damals zehnjährigen Kinder konnte wirklich Plattdeutsch sprechen.

Allerdings war nicht vermutet worden, dass 42 Prozent der Kinder gut plattdeutsch verstehen konnten. Insgesamt 55 Prozent der Eltern sprachen gut Platt. Innerhalb einer Generation hat sich also ein solch rasanter Rückgang vollzogen. Die Rücklaufquote der freiwilligen Elternbefragung war jedoch erstaunlich positiv: 87 Prozent der Eltern antworteten, und sie wünschten sich zu 67 Prozent eine Behandlung des Plattdeutschen im Unterricht. So etwa nach dem Motto: Ist mein Kind erst einmal in der Schule, kann der Umgang mit dem Plattdeutschen nichts Negatives mehr anrichten in der Sprachbildung, die Schule mögen das mal schnell richten. Hier zeigte sich jedoch, wenn die Mutter (also das Elternhaus) als Sprachvermittlerin ausfällt, kann das Plattdeutsche nicht mehr „Mutter“sprache sein.

Da im Landkreis Emsland diese Untersuchung mittlerweile mehr als 20 Jahre her ist, bot es sich an, in einer Art Kurzbefragung in den Kollegien der Grundschulen sich zu erkundigen, wie es gegenwärtig um die plattdeutschen Aktivitäten und Kompetenzen bei Schülern und Lehrern steht, wobei nun die Grafschaft ebenfalls in die anonyme Befragung mit einbezogen wurde. Initiator hierbei war die Arbeitsgruppe „Plattdeutschbefragung“ in Zusammenarbeit mit der Universität Kiel und dem Landkreis Emsland. Bei der Durchführung hat sich gezeigt, dass die Ausweitung dieser Untersuchung auf das Bentheimer Land sehr sinnvoll war. Sie ist dort in den Schulen auf deutlich stärkeres Interesse und größere Akzeptanz gestoßen als im Landkreis Emsland. 25 von 31 angeschriebenen Schulen haben bislang geantwortet.

Zu den Ergebnissen: Als wichtigster Indikator für plattdeutsche Aktivitäten an einer Schule kann die Einrichtung einer plattdeutschen Arbeitsgemeinschaft gelten. Diese besteht zurzeit an neun Grafschafter Schulen. In einer Schule wird diese AG nach Bedarf angeboten. In 13 Schulen gibt es dieses Angebot nicht. Das Angebot der Sparkassen „Schüler lesen Platt“ wird von acht Schulen angenommen. Überdies meinen die Lehrerkollegien von 18 Schulen, dass dieser Wettbewerb noch zeitgemäß ist. Eine sicher wichtige Frage war, ob Plattdeutsch an der jeweiligen Schule im Laufe der Grundschulzeit irgendwann ein festes Unterrichtsthema ist. Hier war die Antwort recht ernüchternd. Nur drei Schulen bejahten diese Frage, an 22 Schulen ist dies nicht der Fall.

Lediglich sieben Grafschafter Bildungseinrichtungen besitzen ein plattdeutsches Lesebuch im Klassensatz, nur in einer Schule wird es häufiger gebraucht (in vier Schulen selten). Über ein plattdeutsches Liederbuch mit einer CD verfügen 14 Schulen, an sechs wird es im Unterricht öfters, an sieben Schulen wird es eher selten eingesetzt. Vier Schulen holten außerschulische Plattsprecher in den Unterricht. 15 Schulen machen von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch, fünf Kollegien bedienen sich dieser Unterrichtsmethode eher selten. Eine entscheidende Frage an die Pädagogen ist sicherlich auch, ob sie angesichts der vorgegebenen Themenvielfalt „Plattdeutsch“ im Unterricht von heute noch für sinnvoll bzw. notwendig halten. Davon war die Mehrheit von 15 Kollegien doch überzeugt.


 

 
     
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